Alt ist relativ

Quelle: Tripadvisor

Die Winterzeit ist immer eine Phase, in der ich mir die Blogthemen etwas aus den Fingern saugen muss. Neuigkeiten gibt es wenig, Wandertouren fallen dem Schnee zum Opfer und Berichte über meine Fertigkeiten im Skilanglauf würden ausschlieβlich peinlich enden.

Doch so allmählich werden die Tage wieder merklich länger und auch die Cruise-Saison erscheint so langsam am (Zeit-)Horizont. Eine gute Gelegenheit also, sich einmal des einen oder anderen Museums anzunehmen. Das Meeresaquarium «Atlanterhavsparken» beispielsweise wurde ja bereits in mehreren Blogeinträgen thematisiert.

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Es wird also höchste Zeit, sich einer Sehenswürdigkeit zu widmen, die sich etwas abseits des Ålesunder Stadtzentrums auf einem parkähnlichen Gelände auf der kleinen Halbinsel Borgundgavlen befindet, das ehemals als Pfarrgarten der benachbarten Borgund-Kirche diente. Seit 1931 gibt es dieses Museum. Und auf der fast 30.000 qm groβen Fläche haben sich seither so einige Objekte angesammelt, die dort bestaunt, begangen und erlebt werden können.

Abgesehen von einigen wechselnden Sonderausstellungen im Hauptgebäude gibt es zwei Hauptabteilungen. Der flächenmäβig absolut dominierende Teil nimmt dabei die Sammlung historischer Wohn- und Wirtschaftsgebäude ein. Schon 1934 wurde damit begonnen, interessante Objekte aus ganz Sunnmøre zusammenzutragen und auf dem Museumsgelände wieder aufzubauen.

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Schon gleich neben am Eingang befinden sich auf einer kleinen Landzunge des Katavågen-See eine Reihe von Gebäuden, die bei geführten Touren meist aus Zeitgründen ausgelassen werden. Hierzu gehören unter anderem die alte Schumacherwerkstatt “Børsen» aus dem Jahr 1920 und das Lebensmittelgeschäft «Larsnesbuda» (erbaut 1889), das aus dem südlichen Sunnmøre hierher verfrachtet wurde. Am Hauptweg befinden sich die Schiffswerkstatt und eine Reihe unscheinbarer fensterloser Hüttchen, den “Kirkjebuder». Diese standen in groβer Anzahl rund um die Kirchen in Norwegen angesiedelt waren.

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Hier konnten einst die Gläubigen, die eine längere Anreise zum Gottesdienst hatten, festliche und saubere Kleidung deponieren bzw. sich umziehen, damit sie ordentlich gekleidet zum Gottesdienst erschienen.

Im weiteren Verlauf des Hauptweges gibt es Wohnhäuser, Wirtschaftsgebäude, Stallungen und sogar eine alte Schule zu bestaunen, deren Erbauung teils bis ins 18. Jahrhundert zurückdatiert werden kann. Einige Objekte sind geöffnet, so dass sie auch von innen besichtigt werden können. Dazu zählt auch das Wohnhaus «Skodjestova», das 1753 ursprünglich etwa 30 Kilometer östlich von Ålesund errichtet wurde. Am Beispiel dieses Gebäudes läβt sich sehr anschaulich den kargen Lebensalltag im damals bettelarmen Norwegen erahnen.

Im oberen Teil des Museums stehen einige weitgehend fensterlose Bauwerke, die auf dünne Holzstelzen bzw. wackeligen Steinhäufchen «aufgebockt» sind. In diesen sogenannten «Stabbur» wurden Lebensmittel gelagert. Und um Brote, getrocknetes Fleisch bzw. Fisch, Salz und Korn vor ungebetenen Nagetieren, in erster Linie vor Mäusen, zu schützen, wurden diese Stabbur auf Stelzen gesetzt.

Quelle: Tripadvisor

Zurück am Hauptgebäude des Sunnmøre Museums, in dem sich neben Sonderausstellungen auch eine Cafeteria und ein Souvenirshop befindet, ist es nur ein Steinwurf zum zweiten Themenbereich. In einer verwinkelten Halle ist eine ansehnliche Ansammlung alter Schiffe zu bewundern. Fischerboote, Ruderboote sowie auch eine Reihe von Seglern, die an der Küste Sunnmøres sowie in den Fjorden unterwegs waren, sind hier ausgestellt. Besonders sehenswert aber ist der originalgetreue Nachbau des berühmten “Kvalsund»-Schiffes. Dieses Wikinger-Kriegsschiff wurde 1920 auf der Insel Nerlandsøy, etwa 30 Kilometer südwestlich von Ålesund entdeckt. Das Alter des Holzschiffes wird auf das Jahr 690 n. Chr. geschätzt.

Eine weitere Besonderheit stellt das etwas unscheinbar anmutende Fischerboot «MK Heland» dar. Mit dem Baujahr 1937 gehört es eher zu den neueren Fahrzeugen, die hier im Sunnmøre Museum zu finden sind. Ålesunds bekanntester Widerstandskämpfer des Zweiten Weltkriegs, Joakim Rønneberg, wurde 1941 mit diesem Schiff im Rahmen der sogenannten Englandsfarten zu den Shetland-Inseln gebracht, wo er dann militärisch ausgebildet wurde, um anschlieβend in Norwegen Kommandoaktionen gegen die Deutsche Wehrmacht auszuführen. Genaueres kann man unserem Blogbericht “Der letzte Saboteur” vom 23.10.2018 entnehmen.

Das Sunnmøre Museum wird von vielen Kreuzfahrtreedereien im Rahmen von Landausflügen aufgesucht. Meist beschränkt sich der Aufenthalt dabei auf etwa eine Stunde. Die mittlerweile mehr 100.000 Besucher pro Jahr verteilen sich in aller Regel sehr gut auf dem weitläufigen Gelände, so dass der Besuch fast wie ein historischer Spaziergang im Park anmutet.

Das Museum hat ganzjährig geöffnet (je nach Saison gibt es unterschiedliche Ruhetage) und die Eintrittspreise sind für norwegische Verhältnisse sehr moderat. Informationen hierzu unter www.sunnmore.museum.no.







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