Schickt uns bitte schnell mal ein Schiff…







«Geiranger im Winter – ein einsames Vergnügen», so der Titel einer der ersten Blogeinträge hier bei www.reiseblog-sunnmore.com. Das stellt man schon an der Fähre von Linge nach Eidsdal fest, die im Sommer trotz 20-minütiger Abfahrtsfrequenz stets rappelvoll ist, während sich im Winter – bei stündlichem Abgang – nur vereinzelte Fahrzeuge auf der Ladefläche verlieren. Und dann taucht man in das Winterwunderland ein, kaum dass man hinter dem Oppskredstunnel am Fylkesveien 63 auf die berühmte Adlerstraße trifft. Die Stille ist buchstäblich greifbar, die Luft ist kalt und klar und es scheint, als ob die Welt für einige Minuten still steht.

Adlerkehre im Winter

Das Erreichen der Aussichtsplatttform an der Adlerkehre gleicht einer Expedition, weil man sich durch teils Hüfthohen Schnee kämpfen muß und Geiranger selbst gleicht – zumindest unten am Kreuzfahrtpier – einem verlassenen Geisterort.

Die Adlerstraße ist im Winter quasi die Nabelschnur Geirangers. Der 8 Kilometer lange Abschnitt des FV63, der sich in 11 Haarnadelkurven aus einer Höhe von 620 hinunter zum Fjord windet, wird trozt ihres Gefälles von bis zu 12% den ganzen Winter hindurch offen gehalten, so dass Geiranger jederzeit erreichbar bleibt.

Zwar führ der Fylkesveien 63 durch Geiranger hindurch und vorbei am Aussichtspunkt Flydalsjuvet und am Djupvatnet wieder hinauf auf das Strynefjellet, doch diese Strecke schraubt sich nochmals deutlich höher ins Gebirge, ist auch bedeutend länger und überquert zu allem Überfluß auch noch die Fylkesgrenze (ein norwegisches Fylke ist einem deutschen Bundesland gleichzusetzen) nach Sogn- og Fjordane, was die Zuständigkeiten bei der Schneeräumung erschwert. Daher bleibt dieser Streckenabschnitt für gewöhnlich zwischen Ende November und Ende Mai gesperrt.

Somit ist es die Adlerstraße, dieTrotz des Einsatzes moderner Räumfahrzeuge und dem außerordentlichen Engagements der Fahrzeugbesatzungen der norwegischen Straßenverwaltung Statens Vegvesen kommt es hin und wieder vor, dass die Zufahrt nach Geiranger aufgrund von Lawinenabgängen kurzzeitig gesperrt werden muß. Diese Lawinenabgänge geschehen in aller Regel im oberen Eidsdal in unmittelbarer Nähe des Oppskredstunnels und selbst dann «knabbert» die Lawine nur knapp die Straße, so daß die Strecke sehr schnell wieder freigegeben werden kann.

Wie in großen Teilen der Alpen erleben wir auch hier in Sunnmøre bislang einen sehr schneereichen Winter. Meldungen über glättebedingte Behinderungen im Straßenverkehr oder Unfälle gehören von daher zur Tagesordnung. Und insofern war auch der Zeitungsartikel von letzter Woche über die Sperrung des Fylkesveien 63 erst beim zweiten Hinsehen außergewöhnlich. Denn das Schneebrett, das da am Donnerstag (17.01.19) ins Tal raste, brach oberhalb des von Granderøysa ab und das liegt gerade einmal knapp 500 vom Kreuzfahrtpier in Geiranger entfernt.

Und an der Straße «geknabbert» hat die Lawine auch nicht angesichts der Tatsache, daß der Fylkesveien 63 auf einer Länge von mehr als 100 Meter um bis zu 5 Meter Höhe verschüttet wurde. Glücklicherweise bestätigte sich ein erster Verdacht nicht, dass 2 Autos und damit eventuell auch Personen verschüttet wurden. Allerdings mußten die Aufräumarbeiten wegen dieses Verdachts entsprechend vorsichtig und langsam ausgeführt werden. Bäume und Geräll erschwerten die Bergungsarbeiten zusätlich, so daß der Fylkesveien 63 für mehrere Tage gesperrt werden mußte.

Für die 250 Bewohner Geirangers keine einfache Situation, doch schnell fand sich eine pragmatische Lösung, indem die Touristenfährverbindung zwischen Hellesylt und Geiranger, die normalerweise nur zwischen April und Oktober angeboten wird, mit einer Bereitschaftsfähre aufgnommen wurde. Einwohner und Besucher Geirangers kamen somit zu einer Gratis-Fordkreuzfahrt, dauert die Überfahrt nach Hellesylt doch fast eine Stunde und führt mitten durch das UNESCO-Weltkulturerbe und vorbei an zahlreichen Sehenswürdigkeiten.

Nicht die schlechteste Alternative, zumindest für eine absehbare Zeitspanne.

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