Doppelt Hurtig??

Wer kennt sie nicht, die weiss-rot-schwarz lackierten Schiffe der Hurtigruten? Sie sind so etwas wie ein nationales Kulturgut. Seit 1883 verkehren die Schiffe auf der Strecke Bergen-Kirkenes und laufen auf ihrer insgesamt 12-tägigen Runde insgesamt 34 Häfen entlang der gesamten Norwegischen Küste an. 2.700 Kilometer werden dabei zurückgelegt. Auch wenn nur drei der Häfen auf der Strecke in Sunnmøre liegen (Torvik und Ålesund und Geiranger), so spielt diese Schiffspassage auch nach 135 Jahren noch immer eine wichtige Rolle für die gesamte norwegische Küstenregion.

Ursprünglich ging es darum, die abgelegenen Regionen Nordnorwegens mit Post, Lebensmittel und Material zu versorgen, denn viele Orte im Norden Norwegens waren in den Wintermonaten nicht auf dem Landweg erreichbar. Somit waren die Postschiffe über viele Jahrzehnte die Lebensader Nordnorwegens. Verbesserte Infrastruktur und Kommunikationswege liessen die Bedeutung der Postschiffe jedoch schwinden, so dass seit 1984 keine Post mehr befördert wird. Nach wie vor aber werden Lebensmittel und andere Güter mit den Schiffen der Hurtigruten transportiert. Und mehr und mehr Touristen fahren mit auf der für Viele «schönsten Schiffsreise der Welt». Das hatte natürlich auch Folgen für das Design der Schiffe, denn das sind mittlerweile eher Kreuzfahrtschiffe denn Postschiffe.

Bis heute wird die sogenannte Kystrute offiziell als Staatsstrasse Nr1 bezeichnet und auch so vom Verkehrsministerium behandelt. Im Volksmund wird sie einfach nur Hurtigruten genannt, abgeleitet vom Operateur der Passage, der Reederei Hurtigruten ASA. Denn eigentlich ist das Verkehrsministerium für die Kystrute verantwortlich. Dieses vergibt dann eine Betriebskonzession zur operativen Abwicklung der Passage und das war (und ist) die Hurtigruten ASA. Die aktuelle Konzession gilt noch bis zum Ende des Jahres 2020, aber das Verkehrsministerium hat bereits Ende 2017 die Ausschreibung für die Zeit danach eingeleitet. Dabei gab es eine faustdicke Überraschung, denn es wurde beschlossen, die Vergabe der Kystrute auf nunmehr drei Konzessionen aufzuteilen. Grund für diese Aufteilung war – wie sollte es anders sein – das liebe Geld. Um die staatlichen Zuschüsse zu senken, erhoffte man sich ernstzunehmende Konkurrenz bei der Ausschreibung, und die bekam man auch. Denn neben der Reederei Hurtigruten ASA bewarben sich gleich mehrere Konkurrenten (deren Namen offiziell geheim sind) um die Konzessionen, deren Anforderungen es in sich hatten. Denn es wurden vor Allem massive Verschärfungen hinsichtlich Umwelt- und Abgasemissionsvorgaben an die Konzessionen geknüpft. Dies hatte zur Folge, dass eigentlich nur LNG (=Naturgas) betriebene Schiffe unterstützt durch Batteriehybrid die Vorgaben erfüllen. Begleitend dazu wurden bereits an einigen Häfen Landstromprojekte aufgesetzt, damit die Schiffe während der Liegzeit die Motoren stoppen bzw zumindest stark drosseln können.

Die Vorgaben waren derartig kostspielig, dass ursprünglich ineressierte Reedereien wie Fjordline und Colorline bereits im Vorfeld bekannt gaben, sich nicht an der Ausschreibung zu beteiligen.

Am gestrigen Samstag gab das Verkehrsministerium schliesslich bekannt, dass die Reederei Hurtigruten ASA zwei der drei Konzessionen erhält und somit sieben der elf Schiffe betreiben darf. Die dritte Konzession geht an die neugegründete Reederei Havila Kystruten AS, die auf der Insel Herøy im südlichen Sunnmøre angesiedelt ist. Der Hauptaktionär der neuen Reederei hingegen ist nicht neu im Geschäft. Er ist ebenso Hauptanteilseigner von Havila Shipping, einer Reederei mit einer Flotte aus insgesamt 27 Offshore-Fahrzeugen. Ausserdem ist er an Havyard und der Fährgesellschaft Fjord1 beteiligt.

Was bedeutet diese Neuerung nun für den Berieb der Kystrute?

Zunächst einmal, also bis Ende 2020 bleibt alles wie bisher. Ab dem 01.01.2021 werden dann sowohl die Hurtigruten-Schiffe (mit 7 Schiffen) und die neue Havila Kystruten AS (mit 4 Schiffen) die Passage Bergen-Kirkenes-Bergen bedienen. Die Schiffe der neuen Reederei werden sich äusserlich deutlich von den traditionellen Hurtigrutenschiffen unterscheiden. Havila Kystruten AS wird dabei mit 4 nagelneuen Schiffen operieren während die Hurtigruten ASA ihre Schiffe Spitsbergen, Kong Harald, Polarlys, Nordkapp, Versterålen, Nordlys und Richard With entsprechend den Umweltvorgaben umbauen lässt (bzw. liess).

Weiterhin aber hat Hurtigruten ASA angekündigt, die nun nicht mehr auf der Kystrute eingesetzten Schiffe jedoch weiterhin entlang der norwegischen Küste einsetzen zu wollen. Allerdings ausschliesslich als Touristenschiffe, die dann auch nicht mehr alle 34 Häfen anlaufen. Eine Reihe von Häfen werden also ab 2021 mehrfach täglich angefahren.

Es wird spannend, wie sich die neue Konstellation auf die Preisgestaltung, den Service und das Angebot bzgl. Landausflüge auswirkt. Die Touristen und Liebhaber der traditionellen Postschifflinie werden jedenfalls die Qual der Wahl haben.

Dirk, 25.03.

1 Kommentar

  1. Hallo und frohe Ostern. Abwarten und Tee trinken stimmt absolut. Das Seefahrtsamt bekam vom Umweltministerium den Auftrag, bis Ende 2018 ein neues Regelwerk zu erarbeiten. Nachvollziehbar ist es, denn die sommerliche Luftqualitaet speziell im Geirangerfjord ist tatsaechlich grenzwertig.
    Beste Gruesse

Antworten