41 verschiedene Fjorde gibt es gemäß Wikipedia (https://no.wikipedia.org/wiki/Liste_over_norske_fjorder) in Sunnmøre. Eine ganze Menge, bedenkt man, dass die Region über eine kurze Küstenlinie verfügt. Entstanden sind sie in der Eiszeit, als ein bis zu 1.700m dicke Gletscher diese Region bedeckten. Das Gewicht des Eispanzers wirkte wie Schleifpapier und wusch die Fjorde aus. Viele der 41 Fjorde Sunnmøres sind touristisch wenig bekannt, da sie kleine Ableger der Großfjorde sind. Ein Beispiel hierfür ist der nur 1,7 Kilometer lange Flisfjorden, einem Abzweig des Storfjords.
Andere Fjorde oder Fjordarme sind nun wirklich weltbekannt. Für die Sunnmøre-Region steht dabei natürlich der Geirangerfjord Pate. Dort in Geiranger werden jährlich etwa 500.000 Besucher gezählt, die sich von Mai bis Oktober durch die schmalen Gassen des 250-Einwohner-Dörfchens schieben. Andere Fjorde wiederum erfreuen sich geringerer Popularität, weil sie entweder abseits der Touristestraßen liegen oder weil ganz einfach die touristische Infrastruktur fehlt. Und dann gibt es Geheimtipps. Fjorde, die weder regelmäßig von Kreuzfahrtschiffen angelaufen werden, noch im Touristenfokus stehen, obwohl sie dem berühmten Geirangerfjord nichts nachstehen.
Ein Paradebeispiel hierfür ist der Hjørundfjord. Lediglich ein paar Wochen im Jahr schauen die Schiffe der Hurtigruten in dem 33 Kilometer langen südlichen Seitenarm des Storfjordes vorbei. Ansonsten geht der ganz große Touristenstrom an den etwa 1.100 hier lebenden Einwohnern vorbei. Dabei ist der Hjørundfjord eine echte Naturperle. Er kann sogar hervorragend mit öffentlichen Verkehrsmittel, dem Hurtigbåt, von Ålesund aus erkundet werden und es gibt nicht Wenige, die der Meinung sind, er sei der schönste Fjord der Welt.
Auch einige Kreuzfahrtreedereien bieten geführte Touren zum Hjørundfjord an und vor einigen Tagen durfte ich eine dieser Kandausflüge als Guide begleiten. Insgesamt fast 120 Passagiere der AIDAsol hatten den Ausflug zum Hjørundfjord gebucht. Etwas ungewohnt für mich als Guide, sitze ich doch normalerweise in einem Bus. In dem Katamaranboot «Valderøy» bekam ich von Kapitän Lars zuerst mal einen Kaffee und dann das Funkmikrofon in die Hand gedrückt. So konnte ich mich frei im Schiff bewegen, was das Zeigen und Erklären doch wesentlich vereinfachte. Pünktlich um 14:15 Uhr gingen die Leinen los und wir verließen den Hurtigbåtpier am Storneskaia in westlicher Richtung.
Es ging vorbei an einigen östlichen Stadtteilen von Ålesund. Anfangs war es der Borgundfjord, auf dem sich das Boot in recht langsamer Fahrt bewegte. Dieser geht alsbald über in den Åsefjord. Vorbei an der Fiskerstrandwerft (Steuerbordseite), auf der im Jahre 2011 das nach einer Explosion im Maschinenraum schwer beschädigte Hurtigrutenschiff «Nordlys» repariert wurde, ging es dann durch den engen Vegsund hinüber in den Storfjord. Diesen kreuzten wir parallel zur Fährverbindung Sulavågen-Festøya. Das Wetter spielte leider nur bedingt mit. Schwere graue Wolken hingen zwischen den Bergen, als wir in den Hjørundfjord einfuhren. Es regnete mal mehr, mal etwas weniger. Ein Umstand, der dem Hjørundfjord etwas Mystisches verlieh. Man erkennt schon am Fjordeingang, daß sich nur wenige Menschen in diesem Gebiet aufhalten. Genau genommen leben hier gerade einmal 6,5 Menschen auf einem Quadratkilometer. Auf dem am westlichen Fjordufer entlang verlaufenden Fylkesvei 70 kommen kaum 2 Autos aneinander vorbei und es verlieren sich nur einzelne Weiler oder Gehöfte entlang der Strecke. Die Berge links und rechts der Ufer werden in gleichem Maße höher wie die Breite des Fjords abnimmt.
Am Ostufer taucht nun der Bauernhof Strandabøen auf. In unmittelbarer Nachbarschaft erkennt man eine Schneise im Berg, die sich bis in den Fjord hinunterzieht. Es handelt sich um den Molaupsfonna. Im November 1971 löste sich hier eine Schneelawine, gerade als mehrere Bauern dort auf der Suche nach ihren Ziegen waren, die wie jedes Jahr den Sommer dort verbrachten und noch nicht wieder eingefangen waren. Sieben Bauern verloren beim sogenannten Molaupsulykka ihr Leben, was in einer so dünn besiedelten Gegend einer echten Katastrophe gleicht.
Am Westufer tauchen nun die Weiler Ytre Standal und Stavset auf während gegenüber die Häuser von Trandal zu sehen sind. Meist bleiben die Einheimischen hier unter sich. Doch einmal im Jahr fallen hunderte von Musikfans in Trandal ein, um am Trandal-Rockfestival teilzunehmen.
Wenn am Westufer nun das Dorf Sæbø an der Mündung des Lachsflusses Bondalselva sichtbar wird, dreht das Boot bereits in die Gegenrichtung ab. Denn dort zweigt der Norangsfjord ab, an deren Ende das überregional bekannte Hotel Øye liegt. Eine kurze Runde im Norangsfjord bevor Kaptitän Lars den Katamaran wieder auf Kurs Nord bringt und nach knapp 3 Stunden wieder den Hafen von Ålesund erreicht.
Die hier beschriebene Tour ist in den Sommermonaten (Juni – August) übrigens auch mittels öffentlicher Verkehrsmittel durführbar. Buchungen z. B. unter www.thefjords.no.
Vielen Dank an dieser Stelle an Niklas Lüddeke für die Bereitstellung einiger Fotos.
Dirk, 03.09.
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